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Aufgefallen «Die Bankräuber»

Andreas Panzeri: «Wie schlechte Werbung eine sehr süsse Wirkung haben kann».
Beat Schlatter und sein Team unterhalten noch bis am 25. Februar im Theater am Hechtplatz in Zürich mit einem sehr humorvollen Stück über die Schweizer Banken. Ein witziges Detail der Handlung ist ein grottenschlechtes Productplacement – das aber sehr wirkungsvoll über die Rampe kommt.

Es ist ein offenes Bankgeheimnis, dass Schweizer Theaterhäuser oder Filmschaffende bis jetzt sehr diskret mit dem Thema umgegangen sind. Während Hollywood mit „Wall Street“ von Oliver Stone bereits 2010 das Publikum am grossen Reichtum der Börsianer teilhaben liess und Martin Scorsese mit „The Wolf of Wall Street“ 2013 eine Chance zum Aufstocken zeigte, wagte in der Schweiz bis vor Kurzem niemand in dieses Thema zu investieren.

Zwar meinte Urs Widmer 2009 in der NZZ am Sonntag, er hätte gerne den tiefen Fall der UBS unter dem Titel „Die ehrbaren Schurken“ auf die Bühne gebracht. Nicht als Komödie, sondern als eine „Schmierentragödie“. Dazu ist es nicht gekommen. Obwohl Widmers grösster Erfolg „Top Dogs“ – eine rabenschwarze Komödie über entlassene Spitzenmanager – mit 200 Inszenierungen auf 5 Kontinenten gezeigt wurde, hat das Schauspielhaus Zürich 2012 Widmers Nachdoppler mit dem Titel „Das Ende vom Geld“ abgelehnt. Weil man damals glaubte „bis zur Uraufführung ist die Wirtschaftskrise wieder vorbei.“

Die Bankräuber

Dem war nicht so. Dafür scheint jetzt wenigstens die Krise der finanzaffinen Autoren ihre Talsohle überwunden zu haben. Die 6-teilige TV-Serie „Wilder“ von C-Films und Regisseur Pierre Monnard hat als Krimi rund um einen arabischen Investor vor ein paar Wochen mehr als 600 000 Zuschauer vor den Bildschirm gelockt. Das Westschweizer Fernsehen zeigt die Finanzwelt mit einer Serie „Quartier des banques“. Im Dezember 2017 hat SRF mit dem Zweiteiler „Private Banking“ unter der Regie von Bettina Oberli das Portfolio erweitert. Die „Abrechnung mit dem Finanzplatz Zürich“ hat einige geärgert, ist aber vom Ex-CEO einer Privatbank in einer Kritik als „gut gemacht und realistisch“ beschrieben worden. Für die Handelszeitung waren hingegen die Banker zu negativ parodiert.

Noch schwärzer gezeichnete Schafe tummeln sich nun auf der Bühne vom Theater am Hechtplatz. Völlig unverblümt „Die Bankräuber“ ist der Titel der Komödie von Stephan Pörtner und Beat Schlatter. Die Premiere am 11. Januar wurde vom Publikum begeistert aufgenommen. Zwar ist die Story sehr krass überzeichnet: Der CEO der Privatbank Lamm bricht über einen nur schlecht gesicherten Schacht in die benachbarte UBS ein, um dort im Heizungsraum die versteckten Goldbarren von Muammar al-Gaddafi zu stehlen. Damit will er den Bankrott der altehrwürdigen Privatbank vertuschen. Nicht viel ist realistisch in dieser Inszenierung von Pascal Ulli. Trotzdem wirkt alles wie die sattsam bekannte Realität. Der Head of Private Banking der UBS greift der Vorzimmerdame an den Körperteil, der aktuell unter #MeToo auch in den seriösen Medien nicht mehr nur auf Seite 3 zum Thema geworden ist. Weitere Anspielungen aus den aktuellsten Vorgängen sind die finanziellen Probleme des Festivals „Live at Sunset“ oder das Verhältnis der Schweizer Banken zu ihren KMU-Kunden, die keinen Kredit für wirklich sinnvolle Investitionen bekommen.

Die Bankräuber

Sinnvoll investiert sind hingegen die Ausgaben für ein Product Placement der Confiserie Sprüngli vom Paradeplatz. Eine grosse Schachtel mit Luxemburgerli wandert durch das ganze Stück hindurch von einer Hand in die andere – weil alle das Mocca-Aroma nicht mögen. Das süsse Requisit kann den Bankräubern sowohl die Polizei vom Hals halten wie auch eine hintergangene Investorin für ein paar Momente beruhigen, die #MeToo-Dame den wahren Unwert ihres Verehrers erkennen lassen oder sogar den Rockstar Red Steward im „The Dolder Grand“ in den Wahnsinn treiben. „Echt gruusig“ finden alle auf der Bühne diese Sorte der Luxemburgerli. Nur das Publikum hat bei der Premierenfeier die gereichten Klassiker von Sprüngli mit grossem Genuss zu schätzen gewusst. Und entsprechend rege nicht nur über das gelungene Stück, sondern auch über die verschiedensten Aromen der feinen Süssigkeiten diskutiert.

„Die Bankräuber“, mit Bettina Dieterle, Beat Schlatter, Andreas Matti, Pascal Ulli, Anja Martina Schärer (v.l.), noch bis 25. Februar im Theater am Hechtplatz.

© Andreas Panzeri

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