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Michael Kathe: Seiler's Werbeblog

Michael Kathe «Michael rezensiert #14»

Die Sommerferien sind vorbei, die Batterien geladen. Michael hat die Zeit genutzt, um eine weitere Runde interessante Rezensionen für Sie zu verfassen. Wäre es ein Boxkampf, dann wäre der Kampf schon vorbei, Michael ist in Runde 14 angelangt. So bleibt nur zu hoffen, dass es noch viele weitere Rezensions-Runden sein werden.

*** Netflix: Stranger Things Season 3.
Wir erinnern uns: Irgendwann in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts begann Hollywood, vor der Lancierung der seit den 1910er Jahren üblichen Filmtrailern einen sogenannten Teaser-Trailer vorzuziehen. Der Teaser besteht oft aus Material, das exklusiv dafür gedreht wird und nur darauf abzielt, Spannung oder Vorfreude zu erzeugen. Von der Handlung wird nichts preisgegeben.

Netflix geht noch einen Schritt weiter. Für die dritte Staffel der Serie „Stranger Things“ hat der Streamingdienst einen Teaser produziert, der vermeintlich etwas ganz anderes bewirbt als die Staffel. Nämlich die „Starcourt Mall“, ein Einkaufszentrum aus der Frühzeit der Malls in den USA: das pure Eighties-Vergnügen für Vorstädter in seiner ganzen Pracht. Tolle Geschäfte von Gap bis Waldenbooks, tolle Unterhaltung von Familienspass bis zu ersten Teenager-Küssen, Parkplatze, Fast Food usw.. Bis der versierte „Stranger Things“-Fan zwei der Hauptpersonen der Serie entdeckt. Keine Ahnung, was in Staffel 3 abgehen wird – aber wir sind bereits mitten drin:


*Planet Fitness: Pull-ups.
Es gibt zwei Typen von Menschen, die Fitnesszentren besuchen: diejenigen, die Muskeln an den richtigen Stellen anhäufen und sich dem hellenistischen Schönheitsideal auf Muskelfaser komm raus verpflichtet fühlen. Und die anderen.

Die Fitnesskette „Planet Fitness“ will die anderen. Denen es peinlich ist, ihre schwabbelnden Bäuchlein, ihre hängenden Trizepse und die Fettschicht über der Muskelschicht den Adonissen und Aphroditen unter die Augen zu halten.

Es gibt also Menschen wie du und ich und es gibt arrogante, verblödete Götter, denen der Normaloclub Planet Fitness „like a waste of superiority“ scheint.

Auf sehr prä-Trump-amerikanische Weise existiert in Planet Fitness die Policy einer „Jugdement Free Zone“, in der man sich nicht überlegen verhalten soll: „Isn’t that the place where there are rules against acting that you’re better than everyone else?“


* Trojan Kondome: It’s a big and sexy world of sex out there
Geschlechtskrankheiten nehmen zu, der beste Schutz dagegen ist immer noch das Kondom. Eigentlich eine einfache Kausalität für zwischenmenschliche Verhaltensregeln und trotzdem haben es Pariserproduzenten heute nicht einfach. Darum leistet Trojan vor allem Aufklärungsarbeit und führt in einer „sexy world of sex out there / people having intercourse everywhere“ eine kompetente Person ein. Das ist längst kein Arzt oder Wissenschaftler mehr (wie das in den Fünfziger gemacht worden wäre), nein, der „Trojan Man“ ist eine Art Guru, männlich (immer noch männlich … aber definitiv mit weiblicher Seite) und etwas lächerlich. Der Song ist ebenso new-age-sektenhaft-harmonisch:

Die Zeile „We understand that you’re confused“ bezeugt, dass der Trojan Man vor allem Teenager vom Gebrauch von Kondomen überzeugen will. Die können ihm denn auch Fragen stellen – und er antwortet mit gepflegt-schlüpfrigen Metaphern. Ein junger Mann, der seine sexuelle Orientierung noch nicht kennt, kann zwischen zwei Arten von Butter entscheiden; ein junges Paar, das lieber keine Kondome benutzen würde, sollte sich mal die hauchdünne Robe des Gurus begutachten. Der Klamauk hält sich in Grenzen, wir haben es definitiv nicht mit einem neuen Isaiah Mustafa (dem Old-Spice-Testimonial) zu tun, sondern mit einem Testimonial, das bei aller schrillen Ironie noch ernst genommen werden will – und damit tief im Innern ein bisschen Arzt beibehält


** AT & T: Surprise.
Auch der US-Telecom-Riese AT & T hat ein Streaming-Angebot für Filme. Mit grossem Budget hat AT & T einfach eine „Von … bis …“-Angebotssentenz umgesetzt. So einfach geht das, und richtig schön ists nur, wenns auch richtig teuer ist:

Ob das allerdings reicht, um neben den Riesen Netflix und Amazon Prime zu bestehen, mag angezweifelt werden. Gerade nach der Fusion mit Time Warner (abgeschlossen 2018), wozu auch der Fernsehsender HBO gehört, wäre zumindest eine direkte Bezugnahme auf aktuelle Kinofilme-on-Stream und populäre Serien wirkungsvoller gewesen:

Trotzdem soll der zweite Spot nicht vorenthalten werden:


** Dick’s Sporting Goods: Play it like you own it.
Zwischen Kühen durchdribbeln, so eine Art Hornussen mit zwei Teams und Eiern, Basketball im Springbrunnen, Rugbybälle auf fahrende Ziele – jede populäre Sportart lässt sich auch anders betreiben, anders trainieren, anders reglementieren. Sport lässt sich durchaus kreativer gestalten, wozu es in den letzten drei Jahrzehnten auch Versuche und Neuerungen gab – wer sich für alternative Sportmöglichkeiten interessiert, mag rückwärtsfahrende Skifahrer, Freerunning oder Crossgolf kennen. Wer nicht, wird vom Spot von Dick’s Sporting Goods und Nike vielleicht zu irgendwas inspiriert, was die eigene Sport(un)tätigkeit aufmischt und plötzlich viel mehr Spass macht als das Fitness Center um die Ecke:


©Text: Michael Kathe

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