Seiler's Werbeblog

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Simon Kümin «Maximum Cinema»

Für die Ewigkeit
Wir Werber haben herausfordernde, abwechslungsreiche und lustige Arbeit. Nur eines ist sie leider fast nie: für die Ewigkeit. Und sogar, wenn wir solch verdammte Genies sind und auf die Idee kommen, Jean-Claude van Damme einen Spagat auf zwei Rückwärts fahrenden Lastwagen vollführen zu lassen, ja sogar dann wird sich kein Mensch in einer einsamen Sekunde an unser Werk interessieren.

Zu mir: Ich bin Simon Kümin und seit Juli 2014 selbstständiger Texter/Konzepter. Meist bin ich als Freelancer für Agenturen im Einsatz, daneben habe ich einige Direktkunden. Hauptsächlich arbeite ich an Online-Kampagnen. Ich entschloss mich ursprünglich zur Selbstständigkeit, damit ich mehr Zeit für meine Leidenschaft, das Fotografieren (simonkuemin.com) habe. Doch meine Auftraggeber hatten andere Absichten und so füllte sich meine Agenda mit Briefings.

So weit, so gut. Dafür bot sich mir vor Kurzem eine neue, äusserst interessante Nebenbeschäftigung: Filmkritiken für Maximum Cinema (maximumcinema.ch) zu schreiben. Zu dieser Ehre kam ich übrigens, weil ich Simon Keller, den Betreiber, in einer  Agentur kennengelernt habe.

Jetzt versuche ich also, wenn es das berufliche Texten zulässt, nebenberuflich noch zu schreiben. Mal sehen, wie das wird. Da ihr erst ab Mitte dieser Woche meine ersten neue Rezension auf Maximum Cinema lesen könnt (dafür gleich über einen der allerbesten Filme der letzten Jahre, soviel sei schon hier verraten), hier also mein Podest für die Ewigkeit:

1. California Split
Kunst verändert selten das Leben von Menschen. Dieser Film ist wahrscheinlich der Einzige, der es bei mir geschafft hat. Und das kam so: Bevor ich angefangen habe, mich in der Werbung zu verdingen, lebte ich zwei Jahre lang als Pokerprofi. Das war am Anfang aufregend, allerdings verflog der Reiz mit der Zeit. Die starken Swings waren nicht so einfach zu ertragen, das Tageslicht fehlte irgendwann genau so wie alle Leute, die nicht zwischen sechs Uhr morgens und mitten am Nachmittag schlafen.

Die Unlust hatte mich bereits gepackt, als ich diesen Film sah. Mit den beiden seltsamen Helden, die nichts anderes tun, als ihre Zeit mit Spielen zu vertreiben. Mehr als einen Plot sehen wir die beiden Helden bei ihren fast schon belanglosen Alltagsabenteuern. Was flockig-komödiantisch vorgetragen wird, stellt sich am Ende als bitterböse Satire übers Zocken heraus. Die Leere des Spielens wurde nie besser gezeigt. Ausserdem gibt es unzählige brillante Dialoge, die ich so unglaublich gern alle auswendig wüsste.

2. Hiroshima, mon Amour
Für mich der beste Film aller Zeiten. Keiner hat sich so tiegründig und dennoch leichtfüssig mit zentralen Fragen des menschlichen Seins auseinandergesetzt wie er. Zwei unerfüllte Liebschaften und die grösste atomare Katastrophe aller Zeiten werden mit Montagetechnik ineinandergeschnitten und mit sich häufig wiederholenden Dialogen unterlegt.

Naja, dass mir Leute sagen, ich möge anstrengende Filme, habe ich inzwischen schon so oft gehört, dass ich es gar nicht mehr wahrnehme. Dabei ist es hier völlig falsch – denn der Film ist nicht nur elegant, sondern wirkt auch heute noch äusserst frisch. Kein anderer Film aus den 50ern hat die Zeit mit so wenig Patina überstanden.

Nur etwas in Zusammenhang mit «Hiroshima, mon amour» wundert mich: Wieso ich es noch nie geschafft habe, diesen Film auf einem kleinen Bildschirm zu schauen. Offenbar gehört er auf die Leinwand.

3. The Party
Lustig zu sein ist schwer. Jeder Werber dürfte wissen, dass Comedy auch im 30-Sekünder viel anspruchsvoller ist als Drama. Deshalb darf der lustigste Film aller Zeiten hier natürlich nicht fehlen. Wobei mich jedesmal ein leicht melancholisches Gefühl beschleicht, nachdem ich den Film gesehen habe. Doch in den gut anderthalb Stunden davor lache ich stets so laut wie ein Kind, das zum ersten Mal einen Clown sieht. Peter Sellers konnte sehr viele Rollen spielen, wenn’s sein musste, auch mehrere im selben Film, doch keine war ihm besser auf den Leib geschnitten wie diejenige des dümmlich-naiven Inders, der durch ein kleines Missverständnis zu einem Fest der Schönen und Reichen eingeladen wird. Wir alle kennen sie, diese Partys, an die wir eigentlich nicht gehen möchten, aber an die wir alle gehen sollten. Zum Beispiel die ADCGala. Man stösst an, man wechselt gequält einige Sätze und wartet dabei eigentlich nur auf den erstbesten Moment, um unter einem guten Vorwand das Weite zu suchen.

© Simon Kümin

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