Seiler's Werbeblog

Wir schreiben über Werbung

catch_a_rising_Star

Andreas Panzeri «Catch a Rising Star»

Wie der bisher unbekannte Startexter Khopi Peist zu einem lukrativen Geheimauftrag gekommen ist und demnächst in der Schweiz Furore machen wird.
Er war das Ärgernis an der internationalen Weltmeisterschaft der Meisterwerber in Cannes. An jeder Party hat er sich eingeschlichen. Bei der legendären Dance-Night der MassiveMusic, wo ein massives Sicherheitsdispositiv dafür sorgt, dass sich niemand ohne persönliche Einladung in den Tempel der angehenden Löwenbändiger vorzudringen wagt, tanzte er ausgelassen mit einer Blondine aus dem Kongo. Es hat ihn nicht gestört, dass die Werbeassistentin auf der Tanzfläche an diesem Abend eigentlich ihre inoffizielle Verlobung mit einem charmanten Creative Director aus Wien feiern wollte. Im Google-Zelt sind Khopi Peist auf wundervolle Weise zwölf Smartphone-Hüllen geschenkt worden. Im Havas Café hat er sich regelmässig auf höchsten Niveau kulinarisch verpflegt, getreu seinem Lebensmotto: „All You Can Eat“.

catch_a_rising_Star

Khopi Peist hat im Verlauf seiner fünf Nächte an den Cannes Lions aber nicht nur getanzt, getrunken und geschlemmt. Tagsüber schaffte er es sogar, sich heimlich in die Jury der Königsklasse einzuschmuggeln. Bei der finalen Abstimmung für den Goldlöwen in der Kategorie Film ist er erst negativ aufgefallen, von einem ehemaligen „Werbewoche“-Redaktor enttarnt worden und schliesslich in hohem Bogen rausgeflogen, als er sich mit seinem holländischem Akzent minutenlang für einen Schweizer Beitrag stark machen wollte.

Das hat man sich später an der Swiss Party erzählt, wo Khopi Peist aber trotzdem der Eintritt verwehrt wurde, weil er auch nicht auf der Liste der VIP-Gäste der Swissfilm Association zu finden war. Dies war der einzige Makel bei seinem schillernden Auftreten an diesem „Festival of Creativity“ 2016. Aber die Geschäftsleiterin der Swissfilm Association konnte den illustren Gast einfach nicht auf ihrer Liste finden. Und auch auf dreimaliges Nachfragen, ob man seinen Namen vielleicht falsch erfasst habe, konnten die Verantwortlichen von Publicitas niemanden finden, der Khopi Peist mit oder ohne „h“ schreibt.

So hat sich der Ausgeschlossene halt in die Bar im nahen Carlton Elite verzogen. Dort hat Khopi Peist zuerst mit den Kreativen von Thjnk aus Deutschland auf die 3 silbernen und 1 bronzenen Löwen angestossen. Als er für die heitere Runde noch einmal eine Magnum Flasche Rosé nachbestellte, aber diese zum Schluss nicht bezahlen konnte, hat der Gutgelaunte anschliessend noch einmal Drink-Asyl bei den Russen gefunden. Dort hat Khopi Peist schliesslich erstmals an diesem Tag aus eigener Schwäche aufgeben müssen.

Er setzte sich auf eine Parkbank unter einer Palme an der Croisette und bewunderte den sich spiegelnden Mond in den Wellen. Er roch an seinem T-Shirt, auf dem die Aufschrift „Nobody is perfect“ prangte und rückte sein Baseball Cap mit dem aufgestickten „S“ zurecht. Dieser Buchstabe stand hier nicht für Superman sondern nur für die neue Kultmarke Skechers. In seiner Sporttasche mit dem Logo der Cembra Money Bank suchte er nach einer American Spirit. Aber er fand nur ein Kondom in einer Werbepackung des Musicals „The Lion King“. Er schaute sich das Giveaway wieder einmal genauer an und musste erstmals feststellen, dass das Ablaufdatum des Kondoms schon seit mehr als einem halben Jahr überfällig war.

Ein streunender Hund legte sich zu seinen Füssen. Das leicht zottige Tier zog sich aber diskret zurück, als sich nach einiger Zeit ein Herr in einem weissen Anzug auf die gleiche Bank wie Khopi setzte. Zuerst genossen beide das Schweigen der Männer. Doch als Khopi den Mann im weissen Armani um eine Zigarette anschnorren musste, begann sich das Eis zu brechen. Es entwickelte sich ein lockeres Gespräch über Gott und die Werbung.

catch_a_rising_Star

Die leicht angetrunkene Philosophie endete schliesslich damit, dass der nette Herr sich als ein Executive Creativ Director aus Zürich vorstellte. Khopi Peist fischte eine zerknitterte Visitenkarte aus der Brusttasche in seinem T-Shirt. Darauf stand der Name der AD eines weiteren Löwengewinners aus dem Carlton. Die Karte hatte ihm eine strategisch sattelfeste Brünette noch in besseren Zeiten an diesem verhängnisvollen Abend zugesteckt. Auffällig prangte auf dem Papierfetzen das Logo einer Top-Agentur in Amsterdam.

Khopi Peist überlegte kurz scharf, machte mit sich selber ein 35-sekündiges Brainstorming und entschuldigte sich schliesslich für die kleine Peinlichkeit, dass er nur die Visitenkarte seiner Assistentin dabei hatte. Er strich den Namen Lisa Mona mit einer entschuldigenden aber sehr selbstsicher wirkenden Handbewegung durch, ersetzte den Begriff Art Director mit Creative Director und kritzelte anschliessend seinen eigenen Namen auf die zerknitterte Karte. Dazu notierte er auch seine Handynummer. „Damit kannst du mich jederzeit erreichen, wenn du einmal in kreativer Not bist“ lispelte er in einem Ton und Dialekt, wie wenn Rudi Carell damals gesagt hätte: „Und das wäre Ihr Preis gewesen!“

Der Schweizer ECD musste kurz rülpsen. Das war aber nur vom letzten Bier, das wahrscheinlich an der Swiss Party nicht mehr nötig gewesen wäre. Der ECD schneuzte sich die Nase, vergewisserte sich kurz, ob der Mond noch am Himmel stand, und machte dann dem Chef von Lisa Mona aus Amsterdam ein Angebot. „Wir haben in einem Monat einen entscheidenden Picht. Wir haben bereits eine klare Strategie: Digital und Storytelling sind unsere zwei Eckpfeiler. Auch der Kunde ist begeistert von diesem Ansatz. Es fehlt uns nur noch der Content.“

Der ECD musste noch einmal kurz rülpsen. Khopi wünschte ihm „Gesundheit“ und klopfte dem offensichlich grossen Tier aus der Schweiz kameradschaftlich auf die Schulter. „Danke, danke“, versuchte dieser dankbar herauszuwürgen. Und bevor er wieder sprechen konnte, machte ihm Khopi Peist einen Vorschlag: „Ich habe diese Szene in Amsterdam satt. Alles nur Bluffer, Kopisten und virtuelle Storyteller. Weisst du was, ich schmeisse meinen Job hin und komme zu dir nach Zürich! Wie war doch gleich der Name deiner Agentur?“

catch_a_rising_Star

Vorschau:
Man darf gespannt sein, mit welcher Strategie Khopi Peist sich auch in Zürich nachhaltig in die Szene einschleichen kann, wie er als Ghostwriter zu einem Auftrag für einen Pitch kommt und wie er sich bei der Präsentation schliesslich aus der Affaire ziehen wird. Aber einer, der sich in Cannes so erfolgreich selber verkaufen konnte, dass man ihn – ausser bei der Swissfilm Association – an jeder Party reingelassen hat, der sollte eigentlich auch das Produkt eines Kunden mit einem guten ROI verkaufen können. Oder zumindest das Konzept für eine stringente Kampagne. Natürlich wie immer bei solchen Feuerwehrübungen gewünscht: „mit einer überraschenden Idee“.

© Andreas Panzeri

Show More

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.