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Goetz_Ulmer

Götz Ulmer «Kampf der Metalgötter»

Die zehn legendärsten Machtkämpfe der Achtzigerjahre, ausgetragen in Heavy Metal-Videos.
Seit über 20 Jahren arbeitet Götz Ulmer für Jung von Matt, wo er als Junior AD angefangen hat. Über all die Jahre blieb er Jean-Remy von Matt und der Agentur treu und ist als Partner seit 2015 Mitglied des Jung von Matt Vorstandes. Gemeinsam mit Jean-Remy verantwortet er den kreativen Output der Agentur.

Neben seinem kreativen Geist, fällt der passionierte Schlagzeuger durch seine lange Haarpracht auf. Götz ist leidenschaftlicher Kreativer. Genauso leidenschaftlich ist er, wenn es um Heavy Metal geht. Einem Livestyle, dem er verfallen ist seit er denken kann. Ich wusste das und konnte ihn von einem Bericht überzeugen. «Es muss aber ein Briefing her», teilte er mir mit. Nichts lieber als das. Wer kann schon von sich behaupten, Götz Ulmer gebrieft zu haben? Herausgekommen sind 10 Machtkämpfe der Metalgötter:

1.) Bester Helikopterschuss eines Gitarristen beim Solo in einer wüstenähnlichen Umgebung

BON JOVI „Blaze Of Glory“

VS

GUNS’n’ROSES „November Rain“


Kein Metallvideo ohne lange Haare. Und wie kommen die am besten zur Geltung?
Richtig: durch den Rotorenwind eines teuer gemieteten Hubschraubers (nein, Drohnen gab es damals noch nicht).

Zum Kampf in dieser Kategorie (übrigens nicht zu verwechseln mit Helikopterschüssen von Bands, die auf einem Dach spielen: dies wurde spätestens ab dem Zeitpunkt uncool, als es U2 gemacht haben. Oder wie die heissen.) stellen sich der Erfinder des Happy Metals, Herr Bongiovi, in ein sehr schwierig zu erreichendes Autokino, irgendwo im rotfelsigen Arizona und Herr Hudson vor einer Kirche in der sandigen Abgeschiedenheit des amerikanischen Westens.

Der Gewinner ist ganz klar die Perücke mit eingebauter Zigarette. Schlicht und ergreifend deshalb, weil er sein Solo selbst eingespielt hat, im Gegensatz zum Schlagerkönig aus New Jersey, der dafür Jeff Beck anheuerte. Playback-Solos mit schlechten Tattoos gehen leider gar nicht.

2.) Bestes Video in einem Irrenhaus

ANTHRAX „Madhouse“

VS

QUIET RIOT „Metal Health“


Sich wie verrückt aufzuführen, gehörte bei Konzerten in den Achtzigern schon vor der Erfindung des Moshpits unter Metalheads zum guten Ton. Folgerichtig fand diese spezielle Thematik in der Geburtsstunde unserer geliebten Stahlmusik immer wieder ihren Weg auf Plattencover oder Musikvideos. 

Trotz der inoffiziellen Hymne der Hartwurstfraktion „Metal Health“ (nebenher erwähnt: die erste Heavy-Metal-Scheibe, die es auf Platz 1 der US-Billboard-Charts geschafft hat) können sich hier ganz klar die Humor-Thrashmeister von der Ostküste behaupten, weil man als Patient nicht zweimal nachdenken muss, in welcher der beiden Institutionen man mehr Spaß haben könnte.

3.) Beste Puplikumsreaktion

IRON MAIDEN „Fear Of The Dark“

VS

MEGADETH „Symphony Of Destruction“


Wenn das Publikum bei einer Melodie oder einem Refrain mitsingt, ist das eine Sache. Wenn es das zu einem Riff tut, eine ganz andere (wer nicht weiss, was ein Riff ist, sollte einfach weiter tauchen gehen!). Wenn es dazu aber noch zu einem weltweiten Phänomen wird, dann ist es umso beeindruckender und so nur im Schwermetall möglich. 

Klarer T.K.O.-Sieg für Megadeth. Mehr Gänsehaut als in jedem EDEKA-Weihnachtsfilm :-)

4.) Bestes On The Road Video

BON JOVIs „Dead Or Alive“

VS

MÖTLEY CRÜES „WildSide“


Stageperformance-Videos waren so etwas wie der Vignettenfilm des Achtzigerjahre-Musikvideos: wer keine bessere Idee hatte, filmte einfach die jeweilige Band während ihrer Liveauftritte (die im Gegensatz zur Popwelt quasi Genredefinition extrem energiegeladen sind und deshalb zur visuellen Verewigung einladen) und unterschnitt sie mit etwas „On-The-Road-Footage“. 

In diesem prestigeträchtigen Battle gewinnt ganz eindeutig die Taugenichtsbande aus Hollywood. Nicht nur, weil sie die Kameramänner einfach sichtbar auf der Bühne liessen, literweise Jack Daniels zwischen den Songs vernichteten, sondern die Chuzpe hatten dieses Video 5 Tage nach der Überdosis von Nikki Sixx zu filmen.

Insgesamt zwei Lederhoseninhalte mehr „Wild Side“, als über das ach so anstrengende Leben auf Tour zu flennen, wie es der Herr italienischer Abstammung hier tut.

5.) Bestes Debut-Video

METALLICA „One“

VS

alle anderen Debutvideos aller anderen Metalbands aller Stilrichtungen seither. 

Ehrlich gesagt, gibt es hier keinen richtigen Wettbewerb. Metallica’s One ist und war ein Übervideo zu einem Übersong.

Seit dem Beginn ihrer Karriere hatte sich die stilprägende Band aus San Francisco geweigert, ein Video zu veröffentlichen. MTV war für die (damals) coolsten IG-Metall-Vertreter ein absolutes Mainstream-No-Go. Als sie es dann schliesslich doch taten, machten sie es richtig: das Debutvideo war ein in 7:27 Minuten hingekotzter Blauschwarz-Weiß-Hass-Brocken mit Auszügen aus dem Film „Johnny zieht in den Krieg“. Wem es beim Ende nicht schaurig schön den Rücken runterläuft, nimmt tatsächlich nicht mehr am Leben teil.

Lars Ulrich übrigens (nicht der allerbeste Drummer der Welt – wenngleich trotzdem inspirierend) kann den Song bis heute nicht live spielen (ab Minute 3:25).


6.) Bestes Solo Video eines Ex-Band-Sängers

DIO „Holy Diver“


VS

OZZY OSBOURNE – „Bark At The Moon“


Die wohl zwei berühmtesten Stimmbänder und Aushängeschilder des Schwermetalls! 

In der roten Ecke – von den Erfindern des Genres – der unsägliche, unglaubliche und nebenbei beste Aufziehäffchen-Imitator der Welt gegen die blaue Ecke „The Metal Voice“ schlechthin. Nicht nur, dass beide eine lebenslange Animosität pflegten, sie waren beide leider auch nie richtig geschmackssicher, was diese beiden Low-Videos gut beweisen. 

Selbst für die nicht allzu hohen Erwartungshaltungen in den Achtzigerjahren (die richtig guten Regisseure verdingten sich alle in massenkompatibleren Musikstilen) gibt es unter dem Strich ein knapper Punktsieg für Ozzy, weil man wenigstens innerhalb des nicht vorhandenen Kostenrahmens nicht übers Ziel – in Form von ägyptischen Aliens in einem Aufzug (?) – hinausgeschossen ist.

7.) Bestes Video trotz Keyboards

JUDAS PRIEST „Turbo Lover“

VS

HEAR’n’AID „Stars“


Trotz rührend trashiger Ray Harryhausen-Hommage von JUDAS PRIEST hat hier das All-Stars-Video (die Antwort der harten Männer auf das Band Aid Projekt ein halbes Jahr zuvor) klar die Nase vorne. Selbst wenn es „nur“ Gitarrensynthesizer sind (wie bei der damals zurecht angefeindeten Anbiederung an den radiokompatiblen US-Massengeschmack der Mannen um Rob Halford): Synthesizer bleiben nunmal Synthesizer. Und haben nichts, aber auch absolut gar nichts im Heavy Metal zu suchen. Es sei denn, man kämpft mit 12 Gitarristen und einem dreiminütigen Gitarrengefiedel dagegen an.

8.) Beste Haare in einem Metal Video

LITA FORD „Kiss Me Deadly“

VS

TWISTED SISTER „We’re Not Gonna Take It“


In den Achtzigern hatte man die Haare schön. Hair-Metal war en vogue. Hiess: toupiert bis in den Himmel wurde die heutige Transgenderdiskussion vorweggenommen. Wer ist Mann? Wer Frau? Zwei Dosen Haarspray und stundenlanges gegen den Strich kämmen, machten es möglich.

Doch gegen Dee Sniders (wie man aus den Credits ein jeder TWISTED SISTER LP nachlesen kann von Vidal Sassoon in Form gebracht) Frisur kann einfach nicht antoupiert werden. Und schon gar nicht angeräkelt, Frau Ford! Klarer Sieger: der SMF aus New York.

Dieses Video gewinnt übrigens ein zweites Gold in der vom Publikum gewählten Kategorie: Bestes „Meine-Eltern-verstehen-mich-inmitten-meiner-Pubertät-nicht“-Video.

9.) Songs besser als Video

WASP „Wild Child“


VS

SAVATAGE „Hall Of The Mountain King“


Diese Kategorie erhielt die meisten Einreichungen und musste kurz nach ihrer Öffnung umgehend wegen Überfüllung geschlossen werden. 

Im zufällig gewählten Hauptkampf treten an: ein völlig an den schwarzgefärbten Haaren herbeigezogenes Hexen-Harley-Davidson-Flammen-Wüsten-Pandaaugen-Video in einer Karl May Kulisse gegen eine als Neptun verkleidete Schaufensterpuppe, die sich zusammen mit einem kleinwüchsigen Angestellten eines Kostümverleihs und vier Langhaarigen in Rüschenhemden eine Höhle teilen. 

And the winners are: die Songs, die es geschafft haben trotz dieser Katastrophenvideos zu Klassikern ihres Genres zu werden.

10.) Bestes Full-Length-Konzert-Video

ZDF „Rock Pop In Concert“ 

VS

IRON MAIDEN „Live After Death“

Anfang 1984 kosteten Videorekorder um die 1700 Deutsche Mark. Völlig unerschwinglich also. Kein Wunder also, dass es von dieser andächtigen Nacht in der das ZDF Anfang 1984 im Rahmen seiner Reihe „RockPop in Concert“ ein Konzert aus der Dortmunder Westfalenhalle mit dem Who-is-who der Metal-Szene ausstrahlte, nur ganz wenige Aufnahmen gab. Jahrelang bekam man das Ding in nur schwer vom regulären Sendeschlussrauschen zu unterscheidender Qualität über obskure Kleinanzeigenkanäle oder auf halbseidenen Metalbörsen. 

1985 trat VHS (der Pornobranche sei Dank) dann endlich den Siegeszug an und wurde im Zuge dessen für jedermann erschwinglich. Das Filmdokument zur besten Doppel-Live-LP aller Zeiten wurde aus der Videothek ausgeliehen und mithilfe einer selbsthergestellten und trotzdem hochkomplex verkabelten „Vervielfältigungsstrasse“ für die gesamte Dorfjugend raubkopiert. 

Vor drei Jahren habe ich das eine Zeitdokument völlig uncool als ReRelease auf DVD bei amazon gekauft, das andere noch uncooler beim Zuschauerservice von 3SAT mit einem frankierten Rückumschlag angefordert. Ergibt ein eindeutiges Unentschieden.

Goetz_Ulmer

Der Schreiber inmitten von Göttern

©Götz Ulmer 

 

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