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Michael Kathe «Uber Eats. Bring it.»

Die Botschaft, die Lebensgeister weckt.
Als der Deliveryboy abends ins Grossraumbüro kommt, hängen die Angestellten nur noch halbtot in ihren Stühlen herum. Überzeit zu arbeiten ist zum Standard geworden in unserer Geschäftswelt. Doch der Glanz der Mehrarbeit ist weg. Überstunden sind nicht mehr so geil wie in den Nuller Jahren, das letzte Jahrzehnt war desillusionierend für ambitionierte Arbeitnehmer: Sie sind nicht nur im Büro gefangen, sondern auch in einer Businesswelt, die nur noch selbstzweckhaft Arbeit produziert. Die Frage ist nicht, was dem Menschen gut tut, sondern, was – vermeintlich – der Wirtschaft hilft. Doch der Glaube daran ist längst verloren.

Hier kommt unser Überbringer des Takeaway-Essens mit einer überraschenden Wendung ins Spiel:

Er entpuppt sich als der grosse Motivator, der Heilsbringer. Er überbringt nicht in erste Linie das Essen, er überbringt eine Botschaft, die die Lebensgeister weckt. Das Leben kehrt in die abgelöschten Menschen zurück. Die reine Nennung halbwegs raffinierter Menüs wirkt in dieser lethargischen Umgebung wie die höchste aller Verführungskünste. Essen ist heute die Erotik der (Geschäfts-)Welt. Essen ist heute so vielseitig und kann so fantasievoll sein – es verbindet Inspiration mit Nützlichkeit. Und im Zwölfstunden-Arbeitstag ist die Essenspause oft der einzige Moment, in dem die Menschen nicht übers Geschäft reden.

So wird ausgerechnet der schlecht bezahlte Uber-Eats-Lieferboy zum Erwecker. Das hat etwas Zynisches, zwar, aber soll in den Spots demonstrieren, dass er den Bezug zur Strasse, zum Leben hat. Gerade weil sein Leben noch nicht so bequem ist wie das des Mittelstandes. Denn er ist derjenige, bei dem nicht Komfort in Apathie umschlägt. (Und natürlich lügt sich Uber-Eats dieses Bild des inspirierenden Deliveryboys in erster Linie in die eigene Tasche.)

Ist nicht der Endpunkt unserer gesellschaftlichen Entwicklung genau diese Apathie? Totale Verfügbarkeit von zuhause aus, alles online bestellen, Zoom, VR-Erlebnisse? Davon berichten auch die weiteren Spots, die nicht mehr im Business-Umfeld sind. Zum Beispiel Fussball, zuhause: Fussball ist so totgesendet, da sind Live-Erlebnisse zuhause längst nicht mehr so aufregend wie z.B. noch 1990:

Oder im Spot mit dem Titel „Morning After“ war keine wilde Party im Gang, wie der Titel suggeriert. Die jungen Leute sehen eher so aus, als hätten sie die Stunden irgendwie durchgebracht:

Es mag Zufall sein, dass ausgerechnet eine Firma mit dem Namen Uber-Eats in seinen „Bring it“ Spots den gesellschaftlichen „Uber-Bau“ reflektiert. Aber das machts ja nur noch interessanter.

Text: Michael Kathe

 

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