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Remy Fabrikant «Die beste Zigarre der Welt»

Nein, nein und nochmals nein! Es gibt sie nicht, die Zigarre, die nach einer Rumreichen Nacht in einer Moschus-schwanger-schweren Duftwolke auf dem nackten, prallen, kaffeebraunen Oberschenkel einer jungfräulichen Kubanerin gerollt wird!

Ein Bild, so blöd und falsch wie unauslöschlich, wenn mal wieder drüber fabuliert wird, welches die beste Zigarre der Welt sei. Die Wahrheit ist profaner, aber nicht weniger sinnlich und betörend. Was für Banausen, Nichterleuchtete und alle anderen Kostverächter unangenehm in den Augen brennt oder einfach stinkt, ist für den Zigarrenliebhaber so interessant und komplex wie ein grosser Wein: der Zigarrenrauch.

Ähnlich wie bei exquisiten Weinen besticht der Rauch einer grossen Zigarre am qualitativ obersten Ende der Bewertungsskala durch Komplexität. Auch bei Zigarren sind – wie bei der Degustation von Spitzenweinen – zuerst die vordergründigen Merkmale wie Fruchtigkeit, Säure und Süsse, danach weitere nuancierte Aromen zu entdecken.

Allerdings erinnert die Zigarre weniger an Beere, Moos und Lakritze als an Moschus (nein, nicht aus dem lüsternen Duft des Schweisses der Kubanerin!), Erde, Leder, Holz, Cognac, Kaffee oder Creme. Durch die unterschiedlichen Geschmacks-Kompositionen lassen sich die Provenienzen voneinander unterscheiden. Sie repräsentieren – wie bei Weinen – im besten Fall das Terroir. Im Gegensatz zum Wein, der zuweilen chemisch verändert wird, ist und bleibt die Zigarre ein reines Naturprodukt.

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Die kubanischen Zigarren gehören zu meinen Favoriten. Sie haben eine ganz eigene Geschmackssignatur, fast unabhängig von den einzelnen Marken. Etwa so, wie sich der Französische Bordeaux von ähnlich komponierten italienischen, spanischen oder amerikanischen Weinen unterscheidet. Wahrscheinlich liegt das am einzigartigen kubanischen Mikroklima und der kunstvollen, qualitativ hochstehenden Verarbeitung der Tabakblätter. Sie geben den Zigarren einen eigenen und wiedererkennbaren Charme.

Genauso wie Weinliebhaber ihre Weine beurteilen und klassifizieren, machen es die Zigarrenliebhaber. Ihre Bewertung ist das Resultat aus sichtbaren und erlebbaren Merkmalen. So spielt das Brennverhalten genauso eine Rolle wie die Geschmacksveränderung nach dem ersten und zweiten Drittel.

Gute Zigarren kommen aus Kuba, dem Mutterland der Zigarren, aber auch die Dominikanischen Republik, Nicaragua, Kamerun, Brasilien oder Honduras, Indonesien, Mexico, Puerto Rico, den Philippinen, Spanien oder Italien sowie – ja, erstaunlich – auch die Schweiz bereichern den Weltmarkt mit ausgezeichneten Zigarren. Zu den vielen Provenienzen sorgen verschiedene Konstruktionen, Ringmasse, Längen, Deckblätter und Filler für eine schier unglaubliche Anzahl von Variationen.

Auch das Alter spielt eine Rolle. Normalerweise wird eine Zigarre jung geraucht, dabei entwickelt sie Säure und manchmal aggressive Tannine. Selbst wenn der Assembleur versucht, die Zigarre ausgewogen zu bauen und dabei verschiedene Plantagen und Jahrgänge für ein optimales Resultat kombiniert, verlieren gut gelagerte Zigarren mit den Jahren, ähnlich wie der Wein, die Tannine, was zu einem weicheren, weniger aggressiven Rauch führt.

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Doch nicht nur Alter, Provenienz, Konstruktion und Länge entscheiden über meine Vorliebe, sondern auch der Zeitpunkt für den Griff zur Zigarre. Ich fröne grundsätzlich erst nach dem Mittagessen meiner Leidenschaft, also fange ich meistens mit einer ausgewogenen Zigarre an; danach darf es stärker und länger werden. Hier eine kleine Auswahl meiner präferierten Zigarren:

Partagas Serie D No.4:
Feine Zedern Aromen gepaart mit einer dezenten, angenehmen Süße und einem Schuss Feuchtigkeit. Im guten Zug entwickelt die Robusto eine cremige Textur. Immer wieder entdeckt man pikante Noten. Ein harmonischer Blend, mild bis mittelkräftig.

Villiger 1888 Robusto:
Viel Zedern- und Röstaromen, einem interessanten und pikanten Würzebiss und gut eingebundener Pfefferschärfe; dazu elegante Bitternoten von Espresso.

Romeo y Julietta Wide Churchill:
Die Zigarre im ledrigen, öligen Deckblatt zieht optimal und brennt perfekt ab. Eine feine, fruchtige, blumige Textur und feine Aromen von Nüssen verleihen dem milden Grosskaliber einen ausgewogenen Geschmack.

Davidoff Toro:
Feine Würze- und Säurenoten, sowie eine Prise Pfeffer begleiten die nusseigenen Holzaromen der mittelkräftigen Zigarre. Kaffee- und Mandeltöne, aber auch süßliche Töne von Dörrobst finden sich im cremigen Rauch.

Upmann Magnum 50:
Diese Zigarre entfaltet Aromen von Holz, Nuss und Erde, kombiniert mit der Süße von braunem Zucker. Daneben gibt es deutliche Noten von Kakao, Gewürznelken und Anis. Eine milde Zigarre.

Cohiba Behike 52:
Die Zigarre entwickelt bei optimalem Zug blumige Noten, die an Rosenblätter erinnern, Aromen von Waldboden, Unterholz und Moos. Dazu kommen abwechselnd eine dezente Süsse (auch Vanille) und feiner Pfeffer durch. Mittelkräftig bis kräftig und gekonnt ausbalanciert.

Und wenn der Abend lang wird – eine:

Tatuaje La Selektion de Cazador Gran Cojonú:
Intensive Aromen der fruchtbaren nicaraguanischen Böden, gepaart mit dem komplexen Geschmack Ecuadors. Zedernholz, Leder, Erde und süße Noten werden begleitet von einem mal mehr, mal weniger stärker hervortretenden Pfefferaroma. Zur Mitte mit Schokoladen- und Kaffeetönen, wartet das Finale mit holzigen und erdigen Aromen auf.

Und wenn man dann den Abend genüsslich mit einer wirklich guten Zigarre ausklingen lässt und der Tag sich langsam in Rauch auflöst, nehmen die nackten, prallen Oberschenkel der jungfräulichen Kubanerin langsam wieder Gestalt an. Ein Bild zum Geniessen.

© Story by Remy Fabrikant: Kopf, Herz und Lunge von www.jwtfabrikant.ch

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Bilder: zVg

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1 Comment

  • Fio12

    Tolle Beschreibung der Zigarren und ein spannender Artikel. ;)

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