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Donald Trump

Michael Kathe «Agenturchefs vs. Trump»

Goodby Silverstein & Partners aus San Francisco ist nicht irgendeine Agentur in den USA, sondern seit Jahrzehnten eine der besten Agenturen weltweit. Am berühmtesten ist wohl ihre auch kreativ wegweisende „Got Milk?“-Kampagne (ab 1993). Immer wieder hat sich Goodby, Silverstein & Partners für die Dringlichkeit des Wählens stark gemacht, für Organisationen wie „Rock the Vote“ (2014 für die US-Repräsentantenhauswahlen) oder im aktuellen Präsidenten-Wahlkampf mit einer Aktion für Doritos:

Nun haben die beiden Partner Jeff Goodby und Rich Silverstein einen einmaligen Entschluss gefasst: Sie wollen im aktuellen Wahlkampf Stellung beziehen. Und zwar nicht als Agentur, sondern als Privatpersonen. Und nicht für, sondern gegen jemanden: Donald Trump erscheint ihnen zu gefährlich als zukünftiger Präsident des Landes, als dass man den Wahlkampf einfach hinnehmen kann.

Und weshalb soll eine Werbeagentur nicht auch einmal politisch Stellung beziehen? Weil ihr die Möglichkeiten übel genommen werden, das mit herausragenden Ideen effektiv zu tun (als eine Art Betrug, weil man die besseren Werkzeuge zur Öffentlichkeitsmanipulation hat) – oder einfach aus Angst, Kunden zu vergraulen? Soll sie das nur machen, wenn sie einen Auftrag dazu bekommt? Selbst die Topagentur Droga 5 hat nicht offiziell zugegeben, Spots für Hillary Clinton produziert zu haben (doch, wie AdWeek bemerkte: „come on, it was definitely them.“)

Das erste Mal meldeten sich Herr Goodby und Herr Silverstein im Juli zu Bild. In ihrem Spot verlangsamen sie die berühmte Wasserflaschen-Szene Trumps aus Fort Worth (in der er sich über Marco Rubios trockenen Mund lustig macht) und verdeutlichen damit, dass Trumps Clownereien eines Präsidenten nicht würdig sind. „Our president is not a clown, he’s the leader of the free world, the commander in chief, in charge of our nuclear arsenal“ etc.. Sie argumentieren als Beschützer von Sittlichkeit und guten Manieren und pochen darauf, dass ein Präsident diese Regeln einzuhalten hat:

Im August folgt eine durchaus spektakuläre Spotidee. Wir sehen die Präsidenten von Mount Rushmore und hören ihre grossen Worte. Zuerst natürlich Thomas Jefferson, für den seit den Sechziger Jahren jedes Bürgerrechtsherz schlägt (remember „The Jefferson Airplane“): „History is the first chapter in the book of wisdom.“ Es folgen Zitate von Abraham Lincoln und Teddy Roosevelt (George Washington wurde ausgelassen). Goodby und Silverstein gehts um das Geschichtsbewusstsein – denn einer wie Donald Trump soll nicht Teil der US-Geschichte werden:

Wenngleich die Spotidee in dieser etwas akademischen, wirren Sammlung von Botschaften nicht ganz klar wird (Idee versaut), so zahlen doch Jefferson, Abe und Teddy auf den Claim ein: „History is watching.“ Die Geschichte beobachtet, was wir machen. Wollen wir wirklich derart falsch wählen? Mit diesem Claim und den Spots versuchen Goodby Silverstein auch so etwas wie eine Reflektion darüber zu erzeugen, was es denn wirklich, jenseits der Show, bedeutet, für so einen Mann zu stimmen.

Das tut im grossen Rahmen auch der (bisher) letzte Spot Mitte September – nicht nur wir Amerikaner, auch die der Rest der Welt schaut mit Geschichtsverständnis auf die USA:

Wir dürfen gespannt sein, ob Goodby Silverstein – nachdem Trump immer ausfälliger wird – noch einmal würdevoll nachlegen.

© Text: Michael Kathe

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