Seiler's Werbeblog

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Heinz_Voegeli

Heinz Vögeli «Querdenker, Inspirator, Stratege»

Ein Leben für die VBZ.
Es gibt in der heutigen Gesellschaft kaum noch Menschen, welche einem Unternehmen über Jahrzente die Treue halten. Jedoch gibt es Ausnahmen: es gibt einige, die durch ihre Beharrlichkeit dem Unternehmen eine eigene Note, eine eigene Handschrift verpassen.

Eine dieser Personen ist Heinz Vögeli, welcher auch gerne Mr. VBZ genannt wird. Was er für die Verkehrsbetriebe geleistet hat, ist enorm, dass er dabei auch Werbegeschichte geschrieben hat, nicht selbstverständlich. Alleine mit seiner langjährigen Agentur Ruf Lanz hat er über 150 Awards gewonnen. Wichtiger als die Awards, dürfte die Freude sein, welche vielen Menschen durch die originelle Werbung gemacht wurde.

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Es freut mich sehr, dass sich diese Persönlichkeit für ein Interview zur Verfügung gestellt hat. Im Interview verrät er uns, wie es gelang, aus einem eher negativen Image ein positives zu erreichen, ob es neben den Erfolgen auch Enttäuschungen gegeben hat und was seine Wünsche für die Zukunft sind.

VBZ_Heinz_Voegeli

1. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview nehmen. Wie geht es Ihnen?
Danke der Nachfrage. Ich bin wohlauf und wohlgemut.

2. Ihre VBZ-Karriere wurde mit der Pension beendet. Sehen Sie sich überhaupt als Pensionär? Haben Sie in Zürich noch immer ein Büro?
So wenig, wie ich mich vorher als Salarier gefühlt habe, so wenig fühle ich mich jetzt als Pensionär. Ich bin einfach Mensch. Etiketten waren mir schon immer unheimlich.

3. Von Freunden weiss ich, dass Pensionäre noch weniger Zeit haben als zuvor. Ist das bei Ihnen auch so?
Ich habe Zeit und ich geniesse diese Zeit. Setze diese Zeit für meine Projekte ein. Ich frage mich, ob dieser vielbeschworene Zeitmangel bei den Pensionären Fassade ist? Ob da Werte aus dem Erwerbsleben krampfhaft aufrechterhalten werden? Eigentlich pervers, dass zeitlicher Stress als ein Statussymbol gepflegt wird. Damit lässt sich offenbar das Image von Massgeblichkeit aufrechterhalten. Ich achte da lieber auf eine Balance zwischen der „vita activa“ und der „vita contemplativa“.

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4. Auf Ihrem Twitter-Profil steht unter anderem: Querdenker, Inspirator und Stratege. Fassen diese drei Schlagwörter Ihre beruflichen Eigenschaften am besten zusammen?
Dies sind die wenigen Talente, die ich besitze. Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich einigermassen klar denke und eine Situation immer von verschiedenen Seiten her, auch gegen den Mainstream, betrachten kann. Es ist mir immer wieder gelungen, in unterschiedlichsten Situationen einzelne Menschen und Teams zu tollen Leistungen zu inspirieren. Zudem kann ich in schwierigen, manchmal verworrenen Konstellationen rasch die Muster erkennen, die Sache auf den Punkt bringen und klare Strategien herauskristallisieren. Dass dies eine besondere Gabe ist, habe ich erst sehr spät entdeckt. Jahrelang sass ich in Gremien und habe mich gewundert, dass die andern Teilnehmer nicht auch schon längst sehen, was eigentlich zu tun wäre. Musikalische oder andere künstlerische Talente besitze ich nicht. Vielleicht kann ich noch ein wenig mit der Sprache umgehen.

5. Welche drei Wörter würden Sie zur Beschreibung Ihrer Privatperson wählen?
Einfachheit ist mir wichtig, ein gewisser Stil. Zudem beanspruche ich genügend Raum für meine Kreativität.

6. Sie haben Betriebswirtschaft (mit Abschluss) studiert, haben aber auch Kunstgeschichte und Cinéma (ohne Abschluss) studiert. Auch wenn Sie diese Fächer mit Bestimmtheit an jeder Uni dozieren könnten: warum haben Sie das zweite Studium nicht abgeschlossen?
Es war so, dass ich in meinem Leben einmal Geld verdienen musste; zumal ich nicht mit einem „Silberlöffel im Mund“ aufgewachsen war. Kunstgeschichte und Cinéma waren für mich das Kontrastprogramm zur Betriebswirtschaft. Sie haben meinen Horizont erweitert und kamen mir bei vielen Aufgabenstellungen sehr zustatten.

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7. Ihr Name wird immer mit der VBZ in Verbindung bleiben. Ist das Geleistete Ihr Lebenswerk?
Begriffe wie Lebenswerk passsen nicht zu mir. Ich habe mich einfach engagiert und versucht, eine gute Büez zu machen. Meinen Namen kann man vergessen, wie man auch andere Namen vergass. Es sind die vielen kleinen, unscheinbaren Dinge, die ich noch täglich auf dem VBZ-Netz beobachten kann, die ohne meine Intervention vielleicht schlechter herausgekommen wären. Dafür braucht es kein Denkmal, das bleibt meine ganz private Freude.

8. Über viele Jahre haben Sie erfolgreich mit Ruf Lanz zusammen gearbeitet. Das Besondere daran ist, dass Sie sich nie wiederholt haben. Gibt es eine Kampagne, welche Ihnen besonders am Herzen liegt?
Eigentlich war es über all die Jahre eine einzige Kampagne und diese lag mir natürlich am Herzen.

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9. Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit Ruf Lanz?
Unsere Zusammenarbeit war geprägt von gegenseitigem Respekt. Markus Ruf und ich mussten uns nichts vormachen und konnten unsere Energie in spannende Lösungen investieren.

10. Sie als Kunde gaben jeweils die Themen vor. Kam es auch vor, dass Sie mit der fertigen Idee zu Markus Ruf und Danielle Lanz gingen?
Das wäre nicht klug gewesen. Fertige Ideen sind meistens nicht die besten. Gute Lösungen müssen gären, brauchen eine Zeit der Auseinandersetzung.

11. Die VBZ-Kampagnen wurden über 150-mal ausgezeichnet, zuletzt im März 2016 unter anderem mit Gold am Swiss Poster Award. Was haben Sie mit all diesen Awards gemacht? Welche Auszeichnung war für Sie die Bedeutendste?
Wenn ich die Prämierungen aus den Vor-Ruf/Lanz-Zeiten und auch die HR- und Web-Awards noch dazu rechne komme ich auf gegen 200 Auszeichnungen. Zwei sind mir in besonderer Erinnerung: Die erste Auszeichnung 1982 bei den prämierten Plakaten des Jahres (es hiess damals noch nicht so vornehm Swiss Poster Award) und natürlich der ADC-Würfel Evergreen für die langjährige Konstanz und Qualität.

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12. Was wünschen und erwarten Sie von Ihren Nachfolgern bei der VBZ?
Ich wünsche gutes Tun, dabei viel Freude und Befriedigung. Es ist nicht an mir, Erwartungen zu formulieren. Die Menschen müssen jeweils in ihrer Zeit ihren eigenen Weg finden.

13. Stimmt es, dass Sie das Kult-Sujet «Mörgeli vs Jositsch» bereits ein paar Jahre früher mit «Blocher vs Leuenberger» machen wollten? Warum kam die Kampagne damals nicht zustande?
Einer der beiden Bundesräte hat Bedenken geäussert, ob dies statthaft sei. Derjenige Bundesrat, der für das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) zuständig war. Hat gewissermassen aus einer Fachkompetenz heraus argumentiert….

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14. Gab es Kampagnen, bei denen Sie intern zurück gepfiffen wurden und diese darum nie realisiert werden konnten?
In einem Umfeld der Verwaltung ist es wichtig, dass man Entscheide rasch durchdrückt – bevor das unvermeidliche „JA ABER“ kommt.

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15. Zu Beginn wurde der Kundennutzen wie dichter Fahrplan, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit dramatisiert. Später griffen Sie auch gesellschaftliche Trends wie zum Beispiel den urbanen Lifestyle auf. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Wann fand diese statt?
Auch politische Themen und das Personalmarketing konnten wir auf der Basis dieser Kampagne bespielen. Das bestätigt die Grundqualität der Kampagne. Sie hat sich über 15 Jahre immer wieder gewandelt, aktuelle Themen aufgenommen und spannend dramatisiert.

VBZ_Invisible_Talents_2

16. Ich habe einen sehr interessanten Bericht von Ihnen gelesen, in welchem Sie die These aufstellen, dass der öffentliche Verkehr sehr typisch eine Urform des Teilens und der Share Economy verkörpert. Können Sie uns mehr dazu verraten?
Beim Privatverkehr teilt man sein Fahrzeug sehr selten. Die durchschnittliche Belegung beträgt etwa 1,3 Personen/Fahrzeug und mit dem Velo ist man zu 100 % als Individualist unterwegs und beansprucht dafür Verkehrsraum. Beim öffentlichen Verkehr teilt man ein Tram doch mit bis zu über 200 andern Mitreisenden. „Gemeinsam statt einsam“, hatten wir mal getextet. Was natürlich etwas überhöht war. Man kann auch in der Masse sehr einsam oder einfach mit seinem Smartphone beschäftigt sein.

17. In einem Interview mit dem Tages Anzeiger konnte man lesen, dass Sie den Zürcher Verkehrsverbund für ineffizient halten. Was steckt hinter dieser Aussage? Wo sehen Sie Defizite?
Ich hatte dafür plädiert, dass man durch eine Fusion verschiedener Verkehrsbetriebe die Kräfte und das Potenzial besser nutzen müsste. So könnte sich der öffentliche Verkehr im Metropolitanraum Zürich wirkungsvoller aufstellen. Bei der Gestaltung der Mobilität stehen in den nächsten Jahren so grundlegende Veränderungen an, wie wir dies bereits heute in der Medienbranche erleben. Uber, Fernbusse, selbstfahrende Autos oder Sharing-Plattformen sind nur die Vorboten einer grundlegenden Veränderung. Es geht darum, diesen Herausforderungen wirkungsvoll zu begegnen, statt für jedes zusätzliche Regionalbähnlein noch eine neue Aktiengesellschaft zu gründen. Irgendwie können wir uns diese kleinräumige, lokale Kirchturmpolitik nicht mehr leisten.

VBZ_Heinz_Voegeli

18. Auch die VBZ stand nicht immer auf der Sonnenseite und hatte vor 40 Jahren ein echtes Image-Problem. Sie selber haben 35 Jahre für die VBZ gearbeitet. Wie viel Heinz Vögeli steckt im positiven Image der heutigen VBZ?
Als Kommunikator war ich der Lautsprecher dieser Entwicklung und in meiner Rolle als GL-Mitglied konnte ich die positive Entwicklung aktiv mitgestalten. Es wurde viel investiert in den Angebotsausbau, die Qualität, die Unternehmenskultur und die Ausbildung.

19. Im Personalmarketing ist die VBZ vorbildlich. Was waren die wichtigsten Entscheidungen, welche dafür gesorgt haben?
Zwei wesentliche Entscheide: Erstens haben wir den Bewerbungsprozess auf den Kopf gestellt. Bei den VBZ bewerben sich jetzt die Vorgesetzten bei ihren künftigen Mitarbeitenden. Der zweite Entscheid war weg von Printinseraten hin zu Video, zum digitalen Personalmarketing. Für jede auszuschreibende Stelle wird ein Video produziert. Die Vorgesetzten präsentieren sich ihren potenziellen Mitarbeitenden filmisch sehr viel direkter, können die freie Stelle viel anschaulicher rüberbringen. Wer jetzt glaubt, dies sei sehr viel teurer, irrt. Wir konnten die Aufwendungen für das Personalmarketing praktisch halbieren.

Gleicher Lohn VBZ

20. Durch das erste Sondertram (1984) und die Regenbogenkarte (1985) konnte die Zahl der Fahrgäste um beachtliche 30% gesteigert werden. Warum waren diese zwei Massnahmen derart wichtig?
Das erste Sondertram war mehr ein Schmankerl. Der entscheidende Durchbruch brachte die Regenbogenkarte. Schon bald hatte es in Zürich mehr verkaufte Regenbogenkarten als immatrikulierte Privatfahrzeuge. Die Regenbogenkarte war chic, praktisch und günstig. Eine erfolgreiche Kombination.

21. Ihre Karriere ist von Erfolg geprägt. Gab es auch Enttäuschungen und Niederlagen?
Vor dem Wort Erfolg schrecke ich eher zurück. Ich glaube, dass mir vieles gelungen ist. Ich lebe nach dem Grundsatz „you can get it if you really want“ und so habe ich jeweils auch agiert, wenn Niederlagen oder Enttäuschungen drohten. So konnte ich jeweils vieles wieder in eine gute Richtung lenken. Die Flinte nicht zu früh ins Korn werfen.

VBZ_Muensterhof

22. Ich kann mir vorstellen, dass Sie viele Anfragen für Vorträge erhalten. Ist das etwas, was Sie gerne machen?
Während meiner aktiven VBZ-Zeit hatte ich die Haltung, nicht immer zuvorderst stehen zu müssen und habe Raum gelassen, dass sich einige meiner Mitarbeitenden präsentieren konnten. Jetzt engagiere ich mich wieder öfter mit Vorträgen. Besonders Freude macht es, wenn ich mit neuen Themen gefordert werde. Die immer gleichen Charts verbreiten, finde ich langweilig.

23. Wohin führt der Weg der VBZ ohne Heinz Vögeli? Wo sehen Sie das Unternehmen in 10 Jahren?
Anlässlich meiner Abschiedsvorlesung hatte ich mögliche Entwicklungsszenarien aufgezeigt, die ich hier allerdings nicht öffentlich verbreiten möchte. Die Zukunft birgt Chancen und Risiken und es kann auch nicht nur positiv ausgehen. Ich hoffe, dass die aktuellen Verantwortlichen die VBZ klug und umsichtig in die Zukunft lenken werden und wir uns in 10 Jahren immer noch an einer tollen VBZ erfreuen können.

Flaeck_VBZ_Tramflieger

24. Und Sie als Privatperson: wohin führt Ihr Weg? Welche Projekte möchten Sie in nächster Zeit umsetzen?
Mich beschäftigt die Vision einer #DenkfabrikMobilität. So wie sich die Situation abzeichnet, werde ich jetzt nach westnetz.ch und vbzonline.ch dafür wieder ein publizistisches Portal entwickeln müssen. Bei der Mobilität wird es in nächster Zeit zu grundsätzlichen Umbrüchen kommen. Das fasziniert mich. Es scheint mir wichtig, dass man dies sichtbar macht, reflektiert und diskutiert.

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Interview: Heinz Vögeli, Yves Seiler
Kampagnen: Ruf Lanz

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1 Comment

  • Bruno Schmidt
    Bruno Schmidt

    Chapeau für diese tolle Leistung und Neugier für das Kommende.

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