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Linda Solanki

Linda Solanki «Dem Thema das Tabu nehmen»

Die Werbetexterin und Bloggerin Linda Solanki hat in der ADC-Galerie aus ihrem zweiten Roman gelesen. Mit ihrem Debüt über die Rich Kids von der Zürcher Goldküste hat sie sich bereits im Alter von 23 Jahren als hoffnungsvolle Jungautorin empfohlen. Inzwischen kann Linda ihr Können mit einem zweiten Buch bestätigen. „Verdammter Paul“ ist ebenso humorvoll wie auch ernsthaft und handelt von Obdachlosigkeit, Halluzinationen und Schizophrenie bei Jugendlichen.

Nicht wenige Werbetexter träumen davon, ein Buch zu schreiben. Sie haben zuerst zwei Romane verfasst und sind erst dann in die Werbung eingestiegen. Wie ist es dazu gekommen?
Linda Solanki: Ehrlich gesagt habe ich bei der Berufswahl gar nie an Werbung gedacht, sonst wäre ich wohl schon früher eingestiegen. Auf die Idee kam ich erst, als ich auf LinkedIn von einem CD angeschrieben wurde, der Texter suchte.

Was erwarten sie in der Werbung?
Spiel, Spass, Spannung, Schokolade.

Ihre beiden Romane zeigen eine verblüffende Entwicklung. Im Erstling „Dem See entlang Richtung verlorene Jugend“ haben sie als 23-Jährige die Jeunesse dorée von der Zürcher Goldküste portraitiert. „Die Rich Kids kotzen und vögeln sich durch Zürich“, hat 2013 der Blick getitelt. Im zweiten Roman „Verdammter Paul“ geht es um einen behüteten 20-Jährigen, der freiwillig zum Aussteiger wird und auf der Gasse strandet. In der Filmwelt könnte man dafür den Fachausdruck „Concept Film“ verwenden. Ist dieser Paul somit eine Konzept-Idee als Gegenentwurf zu den Goldküsten-Kids oder steckt da mehr Herzblut dahinter?
Ich suche mir meine Themen nicht aus, die Themen suchen mich aus. Hätte ich es rein auf den Erfolg angelegt, hätte ich wohl eher eine Fortsetzung des ersten Romans geschrieben. Dass die Themen Rich Kids und Drogen mehr Leute ansprechen als Schizophrenie und Obdachlosigkeit, bestätigen die Verkaufszahlen. Aber es geht mir beim Schreiben nicht ums Geld und auch nicht ums Berühmtwerden, sondern wie bei allem im Leben vordergründig um die Freude, die es mir macht.

Linda_Solanki_Verlorene_Jugend       Linda_Solanki_Verdammter_Paul

Sie haben nach ihrem ersten Roman, der zum Bestseller wurde, über zwei Jahre in New York, Los Angeles und Paris gelebt. Was hat sie wieder nach Zürich gebracht?
Nach einer wirklich tollen Zeit im Ausland vermisste ich das Bodenständige, die gute Lebensqualität und natürlich die Nähe zu Freunden und Familie. Ich musste wegen des Erscheinens meines zweiten Buches ohnehin für ein paar Wochen nach Zürich zurückkehren und beschloss, gleich zu bleiben.

Sie haben ein Jus-Studium aufgegeben und keine spezielle Ausbildung im Marketing. Trotzdem durften sie nach einer Grossagentur schon bald in einer der am meisten ausgezeichneten Kreativboutiquen einsteigen. Mit welchen Qualitäten haben sie Markus Ruf und Danielle Lanz überzeugen können?
Da hat es das Schicksal wohl einmal mehr gut mit mir gemeint. Es hilft sicher, wenn man in jungen Jahren schon einiges selber auf die Beine gestellt hat, das zeugt von einer gewissen Unerschrockenheit.

Texten sie völlig aus dem Bauch heraus oder wie entwickeln sie ihre Ideen?
In einer ersten Phase sicher aus dem Bauch heraus. Danach tauche ich tiefer in das Thema ein. Erst wenn Kopf und Bauch übereinstimmen, ist die Idee gut.

Wie erlebeben sie den Unterschied – als Arbeit und Reiz – zwischen einem Roman schreiben und dem Texten einer Schlagzeile?
Beides braucht Ausdauer und Hartnäckigkeit. Beim Roman fühle ich mich kreativ freier. Das Briefing, die Markensprache oder das Produkt geben meistens ja schon einen Rahmen vor. Dafür bietet die Schlagzeile die Herausforderung, die Hauptbotschaft mit so wenigen Worten wie möglich auf den Punkt zu bringen, während man sich beim Roman über hunderte von Seiten erstrecken kann. 

Wo sehen sie mittelfristig ihre stärkere Entwicklung: in der Werbung oder in der Belletristik?
Da ich schon länger literarisch schreibe als werberisch texte, denke, hoffe ich in der Belletristik.

Sie haben früher auf der VBZ-Plattform Westnetz.ch schon als 21-Jährige zum Teil recht explizit über Sex gebloggt. War das ein Teil des Marketings für ihren Namen oder sieht man das als junge Frau heute einfach entspannter?
Ach, Sex ist doch ein Thema wie jedes andere auch. Ich schrieb halt lieber darüber als über Wirtschaft oder Politik, und versuchte, indem ich dies ohne falsche Scham oder Zensur tat, dem Thema das Tabu zu nehmen. Wir sind alle nur hier, weil zwei Menschen Sex hatten, wir tun es fast alle auch selber. What’s the big deal?

Linda_Solanki_ADC

Beim Blick am Abend schreiben sie nach wie vor eine Kolumne „Generation L“. Auf Google finden sich verschiedene Interpretationen für dieses L. Was heisst es für sie?
Das L steht ganz plump für Linda. Könnte aber grad so gut für Life oder Love stehen. Letzteres täte uns angesichts des absurden Weltgeschehens sicher nicht schlecht: Eine Generation, die Liebe statt Selfies verbreitet.

Wann droht ihnen das Herauswachsen aus der Generation L?
Da ich sie clevererweise nach mir selbst benannt habe, bleibe ich wohl Mitglied auf Lebzeiten.

Gibt es ein neues Romanprojekt?
Lust zum Schreiben habe ich immer. Aber wie gesagt, die Geschichten finden zu mir, nicht ich zu ihnen.

Haben sie als Neo-Werberin schon eine Strategie, mit welchen Ideen sie ihre beiden Romane weiter zu ihrer verdienten Leserschaft bringen können?
Witziger Gedanke. Ich fühle mich wohler dabei, Werbung für andere zu machen. Aber vielleicht findet ja durch diesen Artikel ein neuer Leser zu meinen Büchern.

 

©Interview: Andreas Panzeri

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